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Hinweis: Originalformatierungen und Umbrüche können leider wegen der Länge vieler Zeilen nicht berücksichtigt werden.

[Non omnis moriar …]

Non omnis moriar [1] [2] – meine stolze Habe,
Meine Tischtuchwiesen, standhaftes Schrankburgrevier, Kostbare Bettwäsche, weitgespannte Laken
Und Kleider, helle Kleider, sie bleiben von mir.
Ich hinterlasse hier weder Erb noch Erbin, [3]
Mag Deine Hand ruhig durchwühlen jüdische Güter,
Frau Chomin aus Lwów, Du tücht'ge Spitzelgattin
Flinke Denunziantin, Typ Volksdeutschenmütter.
Dir, den Deinen mag's dienen, was soll'n da Fremde ran.
Ihr Liebsten – nicht Laute, noch ist's Namens-Geflimmer. [4]
Ich gedenke Eurer, Ihr habt, als die Schupo kam,
An mich gedacht. Die haben sich an mich erinnert.
Bei meinen Freunden soll beim Becher Frohsinn walten [5]
Mein Begräbnis begießt, stoßt an auf Euren Reichtum:
Mit Kilims, Gobelins, Schüsseln und Kerzenhaltern –
Trinkt durch die Nacht, doch sobald das Morgenrot ist um
Beginnt, nach edlen Steinen zu suchen und Gold
In Sofas, Matratzen, Decken und Teppichen.
Oh, wie die Arbeit dann ihnen die Hand verkohlt,
Knäuel von Rosshaaren und Seegras verblichenem,
Zerrupfte Kissenwolken, Schwaden aus Federn, die
An den Händen haften, zu Flügelpaar'n verbandeln;
Mein Blut wird Werg und Daunen zu Neuem verkleben
Und die Geflügelten jäh in Engel verwandeln.


  1. Der Titel wird oft als "(****)" angegeben, um zu bezeichnen, dass von der Autorin auf dem überlieferten Zettel keine Überschrift ausgewiesen war.

  2. "Ich werde nicht ganz sterben." - im Original bei Horaz (* 65 v. Chr. † 8 v. Chr.), Oden III, 30: "non omnis moriar multaque pars mei / vitabit Libitinam"

  3. Wortwörtliches Zitat aus "Mein Testament" von Juliusz Słowacki von 1839/40

  4. Abgewandeltes Zitat aus "Mein Testament" von Juliusz Słowacki von 1839/40

  5. Abgewandeltes Zitat aus "Mein Testament" von Juliusz Słowacki von 1839/40